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Abderitischer Esel

Werner vom Scheidt wurde 1894 in Lothringen als Sohn eines Fabrikanten geboren. Nach einigen Jahren Kriegsdienst studierte er ab 1919 in Heidelberg Nationalökonomie. Dort lernte er die Lyrikerin Martha Saalfeld kennen, die er 1928 heiratete. Bereits in den 20ern wurde er künstlerisch tätig und entschied sich für diese Laufbahn. Schon früh beschäftigte er sich mit russischer Literatur, später illustrierte er Werke von Gogol und Turgenjew. Für den Gedichtzyklus "Der unendliche Weg" von Martha Saalfeld schuf Werner vom Scheidt Holzschnitte. 1927 erfolgte seine erste Veröffentlichung von Illustrationen in Paul Westheims "Kunstblatt". Von 1930-32 arbeitete er bei Alexander Kanoldt in Garmisch. Mit dem Künstler Otto Pankok war er eng befreundet und stellte auch mit ihm gemeinsam aus. In diesem Zusammenhang stand die Übersiedlung nach Düsseldorf. Da Martha Saalfeld unter den Nationalsozialisten ein Veröffentlichungsverbot aufgelegt wurde, griff sie auf ihren ursprünglichen Beruf als Apothekerin zurück, der zur Lebensgrundlage des Paares geriet. Es folgten kriegsbedingte Ortswechsel nach Babenhausen (Hessen) und Wasserburg an der Inn. 1948 zog das Paar nach Bad Bergzabern. Von Werner vom Scheidt sind ca. 1500 graphische Werke erhalten. Seit den 1960er Jahren experimentierte er mit verschiedenen druckgraphischen Techniken. Er ist bekannt für seine Erfindung des „Kordeldrucks“ mit vielen Darstellungen von Blumen, Tieren und Porträts. Bei der Grafik handelt es sich um ein Tierporträt. Ein Esel blickt den Betrachter frontal an. Sein Körper verkürzt sich nach hinten in eine Dreiviertelansicht seiner linken Seite. Das Tier läuft von hinten rechts nach vorne links auf den Betrachter zu, sodass seine Laufrichtung eine Bilddiagonale schafft. Zu Füßen des Esels breitet sich ein stark perspektivisch verzerrter Schatten aus. Die Drucktechnik mit Leder schafft bewegte Farbflächen, deren Binnenstruktur sich aus der Beschaffenheit des Leders ergibt. Werner von Scheidt nimmt hier künstlerisch Bezug auf eine Geschichte aus "Die Abderiten. Eine sehr wahrscheinliche Geschichte von Herrn Hofrath Wieland im Teutschen Merkur", einen satirischen Roman von Christoph Martin Wieland, der in der Zeitschrift Der Teutsche Merkur in den Jahren 1774–1780 in Fortsetzungen erschienen ist. Abderit ist eine Bezeichnung für einen naiven, einfältigen Menschen. Das Kapitel, auf das Von Scheidt sich bezieht, behandelt den Streit zwischen zwei Personen um den Schatten eines Esels, der für das Tier ein trauriges Ende nimmt. unten mit Bleistift bezeichnet "Abderitischer Esel" und signiert "Werner vom Scheidt"

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