Objekt

Glasplattennegativ: Rekonstruktionszeichnung eines Strumpfes

Im Speyerer Dom waren zwischen 1039 und 1308 elf Könige, Kaiser und Kaiserinnen der salischen Dynastie und nachfolgender Herrschergeschlechter bestattet worden. In den Jahren 1900 bis 1906 wurde im Dom eine Grabungskampagne durchgeführt. Ziel der am 16. August 1900 im Königschor begonnenen Grabungen war die Suche nach den Überresten der in der Krypta begrabenen Kaiser/innen und Könige. Zu dem damaligen Zeitpunkt war unklar, wo sich die Gräber in der bald 1000 Jahre alten romanischen Kathedrale befanden. Es stellt sich die Frage, ob die Gräber überhaupt noch vorhanden seien oder ob sie durch die Plünderungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört worden waren. Bis zum 2. September desselben Jahres wurden von einer Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung des Historikers Hermann Grauert 18 Gräber mit 20 Bestattungen geöffnet und untersucht. Ihre Inhalte wurden sicher gestellt und sie selbst in einer neuen und zugänglichen „Kaisergruft“ unterhalb des östlichen Langhausjochs untergebracht. Am 14. Februar 1962 wurde im Südquerarm der Krypta ein weiteres Grab gefunden, das reichliche Textilfunde barg. Das bestattete Skelett war mit einem Umhang aus Seidenstoff bekleidet, der nur Gesicht und Füße frei ließ. Er war aufgrund von Vermoderung nurmehr in Fragmenten erhalten, aus denen aber die Überreste einer Kasel ausgemacht werden konnten. Die Herstellung des verwendeten Seidenstoffs wird im byzantinischen Raum lokalisiert und ins 11. Jahrhundert datiert. Die Beine und Füße des bestatteten Klerikers waren mit knielangen Seidenstrümpfen (Caligae) und Lederschuhen bekleidet. Diese Stücke befanden sich, wenn auch in fragmentarischem Zustand, noch am ursprünglichen Platz. Bei dem abgebildeten Objekt handelt es sich um eine Rekonstruktionszeichnung der Caligae von Hildegard Huber von 1969. Die Caligae bestehen aus einem spanisch oder sizilianischen Seidengewebe und werden um die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts datiert. Es handelt sich um ein querlaufendes Streifenmuster mit wechselnden Darstellungen von je 6,5 cm Höhe, eingefasst mit einer flachbogigen Linie. Der oberste Streifen zeigt abwechselnd einander gegenübergestellte Pferde vor einem Baum und eine Hahnenpaar mit Nimbus hinter dem Kopf und hochgestellten Schwanzfedern. In dem darunter folgenden Streifen sieht man einander gegenübergestellte Pferde mit erhobenen Flügel, daneben ein Paar langhalsige Wasservögel. In den Zwischenräumen dieser Darstellungen sind verzweigte Äste, die zu einem Baum gehören. Im dritten Streifen bilden diese die Trennung der hier in einer Reihe angebrachten Adler. Das Seidengewebe ist durch die Zusammenfügung verschiedener Figuren in der Streifenkomposition ungewöhnlich. Vorbilder dafür findet man in vorderasiatischen Textilien.

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